Sperenberg I

Die Tiefbohrung von 1871

Zeichnung Bohrturm

Von 1867 bis 1871 wurde im "Alten Gipsbruch 2" die bis zum Jahre 1886 tiefste Bohrung der Erde von 1.271,60 Metern Tiefe abgeteuft. Sie war für 15 Jahre das tiefste Bohrloch der Welt. Die zunächst per Hand ausgeführten Arbeiten wurden ab 1868 durch zwei große Dampfmaschinen und einen 30 Meter hohen Bohrturm fortgeführt.

Schematische Darstellung Bohrung in Steinsalzlager

Mit der Bohrung wurde erstmals das Zechstein-Steinsalz in einer Mächtigkeit von 1.183 m und damit eine ganz ungewöhnliche, sekundäre Salzakku-mulation, ein Salzstock im Nordostdeutschen Tiefland nachgewiesen. Das Liegende (unteres Ende) des Steinsalzlagers ist nach Beendigung der Bohrung nicht erreicht worden.

Foto Bohrkern

Die Bohrung wurde von Bergrat Eduard Dunker aus Halle an der Saale genutzt, um zum ersten Mal die Temperaturzunahme mit zunehmender Tiefe umfassend mit 84 Messungen exakt zu ermitteln. Die errechnete geothermische Tiefenstufe von 33,7 m um 1°K Temperaturzunahme fand weltweite Verbreitung in geowissenschaftlichen Lehrbüchern. Dieser Wert wird heute noch als mittlerer Wert für den oberflächennahen Bereich der gesamten Erde angegeben.

Foto Gedenkstehle mit Inschrift auf Metallplatte

Der durch das Pleistozän (Eiszeitalter) aufgetragene Gipshut diente 1915 als Nachweis für die durch den hohen Druck des Inlandeises hervorgerufene Verformung des Salzstocks und seine Entstehung vor der Inlandvereisung. Zu Beginn des 20 Jh. sind weitere sieben Bohrungen auf dem Salzstock und in seiner unmittelbaren Nähe abgeteuft worden. Reste dieser Bohrung können in Form von Bohrkernen in der Heimatstube Sperenberg besichtigt werden.

Die Lagerungsverhältnisse wurden durch die Inlandvereisung der Saale-Kaltzeit stark verändert. Das Inlandeis wirkte mit einem immensen Druck auf den Gipshut und hat diesen dabei, zusammen mit den aufliegenden quartären und tertiären Schichten, in zahlreiche Schollen zerlegt. Es bildeten sich eine aus pleistozänen und tertiären Geschieben bestehende Stapelmoräne auf dem Gipshut sowie Scherkörper aus Gips.

Dies hatte zur Folge, dass nun Gipsschollen zwischen den sandigen Lockermassen lagern, die sozusagen „schwimmend“ abgelegt worden sind. Infolge der Verschuppung gibt es keine scharfen Grenzen zwischen Gips-Scherkörpern und Stapelmoräne. Über der Stapelmoräne und den Gips-Scherkörpern befindet sich die jungsaalezeitliche Grundmoräne.

Der Gipsabbau wurde 1958 endgültig eingestellt. Gründe dafür waren die komplizierten Lagerungsverhältnisse, Geländeabsenkungen mit nachfolgenden Gebäudeschäden und der hohen Wasserwegsamkeit im oberflächennahen Bereich des Gipshutes. Die weitere Abbautätigkeit hätte dazu geführt, dass der gesamte Bereich instabil geworden wäre. Als Folge hätte sich der Boden erheblich absenken können, wie dies z. B. in den Bergbaugebieten im Ruhrgebiet geschehen ist.

Der Erdfall

Schematische Darstellung eines Erdfalls

In Sperenberg begannen die natürlichen Ablaugungsprozesse schon nach dem Ende der letzten Kaltzeit durch abfließendes Schmelzwasser und ansteigendes Grundwasser. Es entstanden Mulden, die sich allmählich mit Wasser füllten. (Krummer See, Fauler See, Faules Luch) (vgl. Übersichtskarte Sperenberger Gipsbrüche).

Foto einer durch Erdfall entstandenen Senke gefüllt mit Wasser

Am südöstlichen Rand der Sperenberger Gipsbrüche, ca. 500 m vom Gipsbruch 4 entfernt, befindet sich der einzige in Brandenburg nachgewiesene natürliche Erdfall, der temporär mit Wasser gefüllt ist. Erdfälle sind schlot-, trichter- oder schüsselförmige Senken von meist rundem Grundriss. Der Durchmesser einer solchen Senke schwankt häufig zwischen 2 und 200 Metern. Jede größere Salz-, Kalk- oder Gipsmasse kann durch Verkarstung (Lösungsverwitterung) Erdfälle bilden. Ist das Untergrundgestein ausreichend durch Wasser gelöst, entstehen Klüfte und Hohlräume.

Diesen Prozess bezeichnet man als Subrosion. Es muss genügend mit Salz ungesättigtes Wasser herangeführt werden und das mit Salz gesättigte Wasser muss abfließen können. Die Fließrichtung des unterirdischen Wassers erkennt man an der Oberfläche an der Aufreihung von Erdfällen bzw. Mulden. Das Gestein wird nicht insgesamt, sondern nur in bestimmten hydrologischen Bereichen gelöst. Nur an solchen Linien sind Erdfälle und Mulden zu erwarten. Oft entwickelten sich darin Seen, Moore oder temporär wasserführende Trichter.

Durch den Gipsabbau wurde der natürliche Ablaugungsprozess künstlich verstärkt. Dies löste weitere Geländeabsenkungen aus.

Karte Geländeabsenkungen